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Posts mit dem Label "Recht" werden angezeigt.

12 Euro Mindestlohn ist die Anstandsgrenze, aber nicht armutsfest!

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Es ist soweit: Seit dem 1. Oktober gilt 12 Euro als neuer Mindestlohn . Auch bei Webhelp. Eine deutliche Verbesserung gerade in der Callcenter-Branche. Aber selbstverständlich ist unsere Arbeit mehr wert als das gesetzliche Minimum! Ein Grund zum feiern? Klar, denn es zeigt. dass gewerkschaftlicher Druck langfristig wirkt. Und zwar für alle Arbeitnehmer*innen. Auch Nicht-Gewerkschaftsmitglieder profitieren davon. Gern geschehen! 😏     Allerdings mischen sich in die Freude auch etliche Sorgen. Denn Inflation, steigende Lebensmittelpreise und hohe Energiekosten fressen bereits jetzt die politisch durchgesetzte Lohnerhöhung wieder auf. Und ein Mindestlohn von 12 Euro schützt weder Beschäftigte vor Armut, noch schützt er später vor Altersarmut . Bereits 2018 teilte das Bundesarbeitsministerium mit, dass für einen Lohn, der Alterarmut vermeidet 12,63 Euro Stundenlohn notwendig wären. Heute läge diese Lohngrenze bestimmt noch höher.   12 Euro Mindestlohn sind auch noch lange nicht das End

Allein machen sie dich ein! Für ein Verbandsklagerecht der Gewerkschaften!

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In vielen Streitfällen zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten, kommt der Einzelne nur zu seinem Recht, wenn er individuell vor Gericht zieht. Zum Beispiel bei gezielten Freiplanungen an Feiertagen oder bei Weigerung des Arbeitgebers, die komplette, tatsächliche Rüstzeit zu vergüten. Ver.di-Mitglieder können bei arbeitrechtlichen Konflikten den gewerkschaftlichen Rechtsschutz nutzen; Nicht-Mitglieder ihre private Rechtschutz-Versicherung, falls vorhanden. Selbst wenn Einzelne vor Gericht Erfolg haben, ändert sich dadurch jedoch nichts für alle anderen, die ebenso von den gleichen Mißständen und Ungerechtigkeiten betroffen sind . Ohnehin ist die Bereitschaft gegen den eigenen Arbeitgeber zu klagen recht gering und steigt erst nach einer Kündigung. Die Angst vor beruflichen Nachteilen und einem langen, ungewissen Verfahrensweg, den man allein gehen muss, schreckt Beschäftigte ab. Das kalkulieren Unternehmen natürlich ein. Deshalb ist der individuelle Klageweg " kein effektives Dru

Zankapfel Rüstzeit

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Am Standort Berlin-Moabit werden von Webhelp 5 Minuten Rüstzeit bezahlt . Für Kolleg*innen im Home-Office dauert es aber deutlich länger. Beim Hochfahren des Arbeitsrechners, dem Starten aller Tools und den Anmeldungen vergeht mehr Zeit im Home-Office als am Standort. Das sind vom ersten Knopfdruck bis zur Dienstbereitschaft etwa 8 Minuten . Das Problem ist Standortleitung und Betriebsrat seit Beginn des Home-Office im März 2020 bekannt. Es wurde mehrfach auf Betriebsversammlungen angesprochen. Aber wir bekommen nur Vertröstungen zu hören und scheinbar soll eine Lösung auf die lange Bank geschoben werden. Dabei ist die Rechtslage ziemlich klar. Im Jahre 2016 hat ein Callcenter-Mitarbeiter gegen seinen Arbeitgeber geklagt, der ebenso unwillig war, die Rüstzeit zu bezahlen. Das Arbeitsgericht Magdeburg gab dem Kläger Recht und führte aus: " Auch systembedingte Arbeitsvorbereitungszeiten, wie die Versetzung des Arbeitsplatzcomputers in einen Zustand, der die Aufnahme der geschuld

Wer mal muss, der darf!

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Quizfrage : In der ersten und letzten Arbeitsstunde darf man keine Pause nehmen. Mythos oder (arbeitsrechtlich gesicherte) Wahrheit? Für den Status Bildschirmunterbrechung (BSU) trifft dies laut BV Bildschirmunterbrechung zu. Wobei BSU streng genommen keine Pause ist, sondern eine " bezahlte Erholungszeit von 5 Minuten je (geleisteter) Arbeitsstunde ".  Und wie ist es mit dem Gang auf die Toilette? Auch der Gang zur Toilette ist keine Pause, sondern eine kurzzeitige Arbeitsunterbrechung wie z.B. Wasser holen. Gesetzliche Regelungen gibt es hierzu nicht. Aber es handelt sich, um ein allgemein menschliches Grundbedürfnis und jede Einschränkung wäre ein Verstoss gegen die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter*innen. Daher ist es auch nicht möglich Anzahl oder die zulässige Dauer der Toilettengänge über eine Betriebsvereinbarung zu regeln. Einen durchschnittlichen Zeitrahmen des Toilettenbesuchs festlegen zu wollen, wäre absurd. Auch wie oft Beschäftigte am Tag müssen, lässt s

Mit Resilienz Trainings zur guten Arbeit?

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Am 18.11.2021 teilte Webhelp mit, dass die Umfrage im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen erfolgreich beendet wurde. Mit einer Teilnahmequote von 32%! Eine derart niedrige Beteiligung ist sehr schade und schwächt eventuell die Aussagekraft des Ergebnisses. Wir hatten in diesem Blog Anfang November zur Teilnahme aufgerufen , trotz mancher Vorbehalte. Der Betriebsrat hat geschwiegen und nicht versucht, öffentlich zur Teilnahme zu motivieren. Das erstaunt, denn es geht hier um das wichtige Thema Gesundheitsschutz und seit langem hören wir auf Betriebsversammlungen Begriffe wie " Gefährdungsbeurteilung " und " Regelkreislauf ". Der Betriebsrat besitzt ein Initiativrecht, mit dem er die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung verlangen kann. Er hat weitreichende Einfluss- und Mitbestimmungsrechte bei der Vorgehensweise (Auswahl des Kooperationspartners, Konzeption, Methoden, Beurteilungsschwerpunkte etc.) und der Durchführung. Von Anfang bis Ende h

Mach' meinen Betriebsrat nicht an!

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Betriebsräte haben es nicht leicht. Leider kommt es immer wieder vor, dass ihre Arbeit behindert wird. Laut § 78 BetrVG ist das unmissverständlich untersagt. Betriebsräte dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit von niemandem (Geschäftsleitung, leitende Angestellte, Arbeitnehmer*innen, Gewerkschaften) behindert, gestört, benachteiligt oder bevorzugt werden. " Für einen Verstoß gegen das Behinderungsverbot ist kein Verschulden erforderlich. Es liegt also auch dann ein Verstoß gegen das Verbot vor, wenn jemand dem Betriebsrat die Arbeit in unzulässiger Weise erschwert, obwohl er dies gar nicht beabsichtigte und es auch gar nicht wollte. Es ist noch nicht einmal fahrlässiges Handeln des Störers erforderlich. " so der Arbeitsrechtler Henning Kluge Die Behinderung durch Arbeitgeber ist aber keine Seltenheit und kann verschiedene Formen annehmen: Öffnen oder Nichtweiterleiten der Betriebsratspost Anbrüllen/Anschreien von Betriebsratsmitglieder*innen Empfehlung an Mitarbeiter*i

Übrigens...

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Eine Lohnabrechnung in elektronischer Form via Online-Portal spart Portokosten, Druckertinte und Verwaltungsaufwand. Alles der Umwelt zuliebe, oder? Aber genügt das den gesetzlichen Vorgaben? § 108 Gewerbeordnung schreibt vor, dass jedem Arbeitnehmer " eine Abrechnung in Textform zu erteilen " ist. Mit dieser Frage hat sich unlängst das Landesarbeitsgericht Hamm (NRW) beschäftigt und kam zu folgendem Urteil :  Durch das bloße Zuverfügungstellen der Lohnabrechnung in einem passwortgeschützten Online-Portal, kommen Arbeitgeber keineswegs ausreichend ihrer Pflicht nach, eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Vielmehr müsse der Arbeitnehmer sich mit der elektronischen Übermittlung zuvor ausdrücklich oder konkludent einverstanden erklären . Es bleibt abzuwarten, ob der beklagte Arbeitgeber Revision gegen dieses Urteil beim Bundesarbeitsgericht einlegen wird. Das Landesarbeitsgericht Hamm hat eine Revision zumindest zugelassen " wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtss

Auf in den Bildungsurlaub!

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  Alle Beschäftigten im Land Berlin haben einen Rechtsanspruch auf bezahlte Bildungszeit (ehemals "Bildungsurlaub"). Geregelt ist dies im Bildungszeitgesetz des Landes Berlin vom 01.09.2021. Der Anspruch wird nach sechsmonatiger Beschäftigung im Unternehmen erworben und beträgt 5 Tage im Jahr oder 10 Tage innerhalb von zwei aufeinanderfolgenden Jahren . Beantragt wird die Bildungszeit beim Arbeigeber, spätestens 6 Wochen vor Beginn der Bildungsveranstaltung . Der Arbeitgeber kann den Antrag nur ablehnen, "wenn zwingende betriebliche Belange oder Freistellungsansprüche anderer Beschäftigter, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. " Die Kosten für das Bildungsangebot trägt nicht der Arbeitgeber, sondern der Beschäftigte. Allerdings können Weiterbildungskosten von der Steuer abgesetzt werden. Die Freistellung kann für die Teilnahme an folgenden Veranstaltungen beantragt werden: 1. der beruflichen Weiterbildung (Vermittlung von Ken

Gut zu wissen!

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Arbeitsschutzvorschriften sind oft abstrakt und anscheinend nur für Expert*innen verständlich. Die konkreten Gefährdungen und Umsetzungsmöglichkeiten unterscheiden sich stark von Branche zu Branche. Dem trägt die DGUV Regel 115-402 für die Callcenter-Branche Rechnung. Sie wurde 2017 von der Deutschen Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) zusammen mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und den Callcenter-Branchenverbänden erarbeitet. Sie richtet sich hauptsächlich an Arbeitgeber, Betriebsräte und Beauftragte für Arbeitssicherheit. Es werden Arbeitsschutzvorschriften, Unfallverhütungsvorschriften und Präventionsmaßnahmen verständlich dargestellt und Empfehlungen ausgesprochen, wie diese in der Call-Center Branche praktisch umgesetzt werden können. Thematisch geht es u.a. um Gefährdungspotentiale in den Bereichen Arbeitsorganisation, Arbeitszeitgestaltung, Arbeitsablauf und -intensität, Gestaltung der Arbeitspl

Recht haben und Recht bekommen sind zweierlei!

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© Edward Lich/ pixabay Ungerechtfertigte Abmahnung oder Kündigung , Mobbing am Arbeitsplatz, Sanktionen durch das Jobcenter , Rechtsstreitigkeiten mit der Krankenkasse? Ver.di-Mitglieder*innen sind hier klar im Vorteil, denn sie genießen Rechtsschutz . Von der Beratung bis zur kostenlosen Prozessführung vor dem Arbeits- oder Sozialgericht. Hinter jedem ver.di-Mitglied stehen Rechtsexpert*innen, damit wir als Beschäftigte unser Recht bekommen. Anders als bei einer klassischen Rechtsschutzversicherung, werden im Streitfall Jurist*innen von ver.di und der DGB Rechtsschutz GmbH aktiv, also Spezialist*innen für Arbeits-und Sozialrecht. Gewerkschaftlicher Rechtschutz ist mehr als nur  bürokratisches Abarbeiten von Fällen, denn hier setzen sich engagierte Gewerkschafter*innen juristisch für Dich ein. Ver.di-Rechtschutz ist praktizierte Solidarität !  Kostenlose Rechtsberatung kann man von Anfang an in Anspruch nehmen. Rechtsvertretung und Kostenübernahme jedoch erst drei Monate nach Beginn

Dürfen die das überhaupt?

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Durch die Pandemie und das Homeoffice hat der Standort seine Funktion als Ort der Kommunikation, des Gedankenaustauschs, der Begegnung zwischen Mitarbeiter*innen für viele von uns verloren. Wir kommunizieren hauptsächlich über digitale Kanäle. Altbekannte Formen der Kommunikation wie Plakate, Flugblätter, Stellwände verlieren damit zunehmend ihre Wirkung und erreichen nicht mehr alle Kolleg*innen.  Die Informations- und Werbetätigkeit von ver.di im Betrieb ist vom Grundgesetz in Art. 9 Abs. 3   geschützt. Sie dient der " Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ". Die Koalitionsfreiheit des Grundgesetzes schützt das Handeln der Gewerkschaft als Organisation, aber ebenso das gewerkschaftliche Handeln jedes einzelnen ver.di-Mitglieds bei Webhelp. Welche Wege der Kommunikation die Gewerkschaft wählt, entscheidet sie selbst. Ob eine eigene externe Homepage, die sich an die Beschäftigten richtet oder ein Facebook-Auftritt oder ein eigener Infoblog. Wir haben u

Nicht nur die Gedanken sind frei, auch die Meinungsäußerung!

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© Gerd Altmann/ pixabay Jede/r hat das Recht eine Meinung zu haben und diese frei zu äußern. Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz   gilt selbstverständlich auch im Arbeitsleben, auch bei Webhelp. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer*innen können im Betrieb ihre Meinung frei ausdrücken. Per Brief, im MS Teams-Chat, per Email oder in öffentlicher Rede während einer Betriebsversammlung. Es kann also niemand ohne weiteres gekündigt werden, weil er/sie im Unternehmen Webhelp Entscheidungen von Vorgesetzten kritisiert, den Sinn von Anweisungen anzweifelt oder sich über geringe Entlohnung beklagt. Denn " zwinge man einen Arbeitnehmer, Auseinandersetzungen mit Führungspersonen des Betriebes generell zu unterlassen, würde das Grundrecht der Meinungsfreiheit zurückgedrängt. (...) Der betriebliche Bereich würde dann zu einer Zone, in der das Grundrecht der Meinungsfreiheit keine nennenswerte Bedeutung mehr (hat). "  Meinungsäußerungen müssen nicht immer nüchtern und sachlich vorgetragen werde