Zankapfel Rüstzeit

Am Standort Berlin-Moabit werden von Webhelp 5 Minuten Rüstzeit bezahlt. Für Kolleg*innen im Home-Office dauert es aber deutlich länger. Beim Hochfahren des Arbeitsrechners, dem Starten aller Tools und den Anmeldungen vergeht mehr Zeit im Home-Office als am Standort. Das sind vom ersten Knopfdruck bis zur Dienstbereitschaft etwa 8 Minuten.

Das Problem ist Standortleitung und Betriebsrat seit Beginn des Home-Office im März 2020 bekannt. Es wurde mehrfach auf Betriebsversammlungen angesprochen. Aber wir bekommen nur Vertröstungen zu hören und scheinbar soll eine Lösung auf die lange Bank geschoben werden.

Dabei ist die Rechtslage ziemlich klar. Im Jahre 2016 hat ein Callcenter-Mitarbeiter gegen seinen Arbeitgeber geklagt, der ebenso unwillig war, die Rüstzeit zu bezahlen. Das Arbeitsgericht Magdeburg gab dem Kläger Recht und führte aus:

"Auch systembedingte Arbeitsvorbereitungszeiten, wie die Versetzung des Arbeitsplatzcomputers in einen Zustand, der die Aufnahme der geschuldeten Arbeitsleistung ermöglicht (z.B. Hochfahren, etwaige Anmeldungen und Programmöffnungen) (…) stellen vergütungspflichtige Arbeit dar."

Es handelte sich zwar um eine Einzelfallentscheidung, aber das "Arbeitsgericht hat einen richtigen Schritt gegen die Verlagerung der Betriebsrisiken auf die Arbeitnehmer*innen und deren Ausbeutung unternommen", kommentierte damals die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di

Dieses Urteil bietet eine hervorragende Argumentationsgrundlage, auch für Betroffene bei Webhelp. Sollten Home-Office-Mitarbeiter*innen keine Lust mehr haben, die Stopuhr-Messungen der Standortleitung abzuwarten und Klage einreichen, stehen die Chancen nicht so schlecht. Webhelp müsste dann rückwirkend für den gesamten Zeitraum der Home-Office-Tätigkeit die Zeitdifferenz im Arbeitzeitkonto gutschreiben. Einen Erfolg vor Gericht vorausgesetzt.

Ver.di-Mitglieder*innen können dazu selbstverständlich den gewerkschaftlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen.

Besser wäre natürlich eine einvernehmliche Lösung für alle Betroffenen, also eine Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Standortleitung. 

Aber nach 2 Jahren sollte den Verantwortlichen klar sein, dass auch  die Engelsgeduld von uns Homies nicht unendlich ist!

Die komplette Rüstzeit ist Arbeitszeit!

©Steve Buissinne/pixabay

Nachtrag: ein aktuelles Urteil des Arbeitsgericht Berlin

 

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