Übrigens...

Eine Lohnabrechnung in elektronischer Form via Online-Portal spart Portokosten, Druckertinte und Verwaltungsaufwand. Alles der Umwelt zuliebe, oder? Aber genügt das den gesetzlichen Vorgaben?

§ 108 Gewerbeordnung schreibt vor, dass jedem Arbeitnehmer "eine Abrechnung in Textform zu erteilen" ist. Mit dieser Frage hat sich unlängst das Landesarbeitsgericht Hamm (NRW) beschäftigt und kam zu folgendem Urteil

Durch das bloße Zuverfügungstellen der Lohnabrechnung in einem passwortgeschützten Online-Portal, kommen Arbeitgeber keineswegs ausreichend ihrer Pflicht nach, eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Vielmehr müsse der Arbeitnehmer sich mit der elektronischen Übermittlung zuvor ausdrücklich oder konkludent einverstanden erklären.

Es bleibt abzuwarten, ob der beklagte Arbeitgeber Revision gegen dieses Urteil beim Bundesarbeitsgericht einlegen wird. Das Landesarbeitsgericht Hamm hat eine Revision zumindest zugelassen "wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache".

Auch bei Webhelp gibt es schon seit Juni 2016 keine Lohnabrechnungen in Papierform mehr. Damals wurde die Firma LOHNunion mit der Erstellung von Lohn- und Gehaltsabrechnungen über ein Self-Service-Portal beauftragt.

Für die Standortleitung war dies "ein weiterer, wichtiger Schritt hin zur vollständigen Webhelp Integration." Als Vorteil für die Beschäftigten wurde herausgestellt: "nie wieder lästiges Suchen oder Ablegen von Unterlagen". An die Umwelt wurde damals anscheinend noch nicht so sehr gedacht, ebensowenig daran, die Mitarbeiter*innen um ihre Einwilligung zu bitten. Es wurde entschieden und per Rundmail verkündet:


Arbeitsrechtler*innen schlagen vor, dies über eine Betriebsvereinbarung zu regeln. Darin solle festgelegt werden, dass die Lohnabrechnung ausschließlich papierlos (per Abruf bzw. Download) zur Verfügung gestellt wird. Dadurch gelte die geforderte Zustimmung "für alle Arbeitnehmenden einheitlich als erteilt; und das Klima dankt." Aber kann eine Betriebsvereinbarung den individuellen Anspruch jedes einzelnen Mitarbeiters auf eine ordnungsgemäße Lohnabrechnung in Textform aufheben? Wir werden sehen...

Kommentare

  1. Da sieht man es wieder. Es muss nur ein einzelner Sturkopp vor Gericht gehen und schon fällt das Kartenhaus ein. Was wir für selbstverständlich und total normal halten, ist es nicht, wenn man sich traut es genauer zu prüfen. Darum bin ich mal gespannt was rauskommt,bei dem einen Kollegen der gegen die Callüberwachung sich wehrt. Vielleicht stellt sich da auch raus, das es nicht rechtens ist?

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