Homeoffice - Fluch und Segen (Teil 2)

Auch wenn das Homeoffice viele Vorteile hat und uns auch nach der Pandemie als Hybrid-Modell erhalten bleibt, sollte man die Schattenseiten nicht ignorieren. Im Homeoffice gelten die gleichen arbeitschutzrechtlichen Vorschriften wie am Standort, denn das Homeoffice ist kein rechtsfreier Raum. Aber wie ist eine verbindliche Überprüfung möglich, ohne die Privatsphäre von Mitarbeiter*innen zu verletzen?

Als Menschen sind wir soziale Wesen und sind angewiesen auf Austausch. Soziales Miteinander setzt voraus, dass man einen gemeinsamen Raum teilt, das man sich direkt begegnet: in der Küche, im Fahrstuhl, auf dem Hof. Selbst die beste Videosoftware, Chats, E-Mails sind nur ein unvollkommener Ersatz, eine digitale Krücke. Wie soll sich denn Vertrauen, ein "Teamspirit" herausbilden, wenn der soziale Kitt fehlt, wenn die Kolleg*innen nur Namen in einer Liste auf dem Monitor sind?

Wie will ein Betriebsrat, der mehrheitlich im Homeoffice sitzt, die Stimmung am Standort oder insgesamt in der Belegschaft wahrnehmen? Stimmungen nimmt man im Vorbeigehen wahr, beim alltäglichen, spontanen Smalltalk.

Homeoffice birgt also die Gefahr sozialer Isolation und Vereinzelung. Und damit wird auch die kollektive Interessenvertretung durch Betriebsräte und Gewerkschaften untergraben. Ohne persönlichen Kontakt ist Mitgliederwerbung erschwert, ja selbst der Austausch über gemeinsame Interessen und Ziele. Es sind zwar die gleichen Bedingungen unter denen wir arbeiten, aber wir erleben sie nicht mehr gemeinsam. Solidarität wird durch Textnachrichten oder Videokonferenzen eben nicht wirklich erfahrbar.

Der Sozialwissenschaftler Rolf Paprotny bringt die Problematik folgendermaßen auf den Punkt:
"Wie können soziale Ungleichheit und der seit Jahren wachsende Druck auf Beschäftigte bekämpft werden, wenn jeder für sich vor seinem einheimischen Laptop sitzt? Nur in einer solidarischen Gesellschaft lassen sich Missstände am Arbeitsplatz wirksam bekämpfen. Aber dafür braucht es gemeinsam geteilte Arbeits- und Lebenswirklichkeiten und die Erfahrung der Notwendigkeit von Kooperation. Notwendig bleiben Büroarbeitsplätze!

Rolf Paprotny: Von der Heimarbeit ins Homeoffice. Was haben wir aus der Vergangenheit gelernt?

Kommentare